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HERBST-EVERGREENS

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Startseite? Oben links auf Lyrikheute klicken! Inhaltsverzeichnis.Neues? In der Werkstatt. 
Foto: Gesa Konetzki
Herbstgedichte 
sind das Herz des Lyrikkanons. Warum sollte man sie nicht ab und zu lesen/hören? Friedrich Schiller, Friedrich Hölderlin, Rainer-Maria Rilke, Gottfried Benn, Hermann Hesse 
und Issa. Fortsetzung folgt...
Zwei Interpretationen "zum Abgewöhnen" gibt es hier (Hesse, Im Nebel) und hier (Rilke, Herbst).


Ob das Punschlied ein Herbstgedicht ist, darüber läßt sich streiten. Es kommt eben aufs Wetter und nicht aufs Klima an! Aber mir scheint es eines der elegantesten Werke zu sein. Des kantigen Querdenkers...

Punschlied
Friedrich Schiller (1759-1805)

Vier Elemente,
Innig gesellt,
Bilden das Leben,
Bauen die Welt.

Preßt der Zitrone
Saftigen Stern,
Herb ist des Lebens
Innerster Kern.

Jetzt mit des Zuckers
Linderndem Saft
Zähmet die herbe
Brennende Kraft.

Gießet des Wassers
Sprudelnden Schwall,
Wasser umnfänget
ruhig das All.

Tropfen des Geistes
Gießet hinein,
Leben dem Leben
Gibt er allein.

Eh es verdüftet,
Schöpfet es schnell,
Nur wenn er glühet,
Labet der Quell.



Foto: Gerhard Oestel

Hälfte des Lebens
Friedrich Hölderlin 1770-1843


Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.

Weh mir, wo nehm ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und den Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.

Foto: Gesa Konetzki
 Herbsttag
Rainer Maria Rilke, 21.9.1902, Paris

Herr, es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren lass die Winde los. 
Befiehl den letzten Früchten, voll zu sein; 

gib ihnen noch zwei südlichere Tage, 
dränge sie zur Vollendung hin, und jage 
die letzte Süße in den schweren Wein. 

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben 
und wird in den Alleen hin und her 
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben. 
Foto: Gesa Konetzki
Astern, schwelende Tage...
Gottfried Benn liest "Astern"
Foto: Gesa Konetzki
Herbstbild
Friedrich Hebbel (1813-1863)

Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah!
Die Luft ist still, als atmete man kaum,
Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah,
Die schönsten Früchte ab von jedem Baum.

O stört sie nicht, die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
Denn heute löst sich von den Zweigen nur,
Was von dem milden Strahl der Sonne fällt.
Foto: Gesa Konetzki
Ein Haiku von Issa
 1763-1852
Welch ein hartes Los,
als Mensch geboren zu sein -
Dämmerung im Herbst -
Foto: Gesa Konetzki


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