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HIGH NOON FÜR DIE AfD?

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Der Tag nach dem Showdown
Nach einem Gemälde von Marie Pischon 1902
High Noon für die AfD?
Eine Filmkritik von Giselher Suhr


Nein, ein Gary Cooper war Bernd Lucke nie. Aber sein gewissermaßen heldenmütiger Kampf gegen die gesetzlose Euroretterbande zog viele politisch Wache an. Jene Bürger hierzulande, die sich nicht einschüchtern lassen wollten von Frank Millers Drohgebärden. Übersetzt: scheitert der Euro, scheitert Europa…


So kam dann doch eine stattliche Bürgerwehr zur Bekämpfung der Rechtsbrecher zusammen. Und sie gab sich den Namen “AfD”.


Im Kern besteht diese Truppe aus Männern und Frauen, die ihrem inneren Kompass folgen und nicht einem Trend oder einem aktuellen “Meinungsbild”.


Das ist eine Chance, denn solche Leute weichen vor niemandem zurück. Es ist aber auch ein Risiko: Denn vorschreiben lässt sich von denen so leicht keiner was.


Westernkenner wissen, was sich in solchen Situationen ergibt: Der Streit auf Leben und Tod über die Frage: Wer führt die Truppe an?


Die Handlung des Kampfes, der vor gut zwei Jahren begann, erreicht inzwischen einen ersten dramaturgischen Höhepunkt.  Und die Protagonisten nützen den "dritten Akt" für das Aussprechen großer Worte. Die Weg- und Kampfgefährten von einst haben sich in zwei verfeindeten Lagern wiedergefunden.


Um das “Östliche Lagerfeuer” haben sich zuerst jene versammelt, die sich für die Klügsten und Kräftigsten des Ostens  halten. Das Banner, das ihnen voranwehen soll, symbolisiert einen “Flügel”. Und Verbündete gewinnt man, so ist es seit Urzeiten Brauch,  durch die Beschwörung einer Gefahr (Erfurter Resolution). Ja, so geht das: “Das Projekt »Alternative für Deutschland« ist in Gefahr.” Denn, so die Autoren: “Anstatt... die Alternative zu bieten, die wir versprochen haben, passen wir uns ohne Not mehr und mehr dem etablierten Politikbetrieb an: dem Technokratentum, der Feigheit und dem Verrat an den Interessen unseres Landes. Wir orientieren uns in unserem politischen Handeln ängstlich an dem, was uns Institutionen, Parteien und Medien als Spielraum zuweisen, anstatt selbst den Radius unseres Handelns abzustecken und zu erweitern. Wir zeigen zu oft jenen vorauseilenden Gehorsam, der die Verhältnisse, gegen die wir angetreten sind, nicht verändert, sondern zementiert.”


Der Zuschauer dieses Deutsch-Western in seinem Kinosessel denkt: “Recht haben sie”, diese Ossies.  Man dürfe niemals Feigheit vor dem Feind zeigen. Vorauseilender Gehorsam ist die im Voraus eingestandene Niederlage.
Aber dabei übersieht er: Es geht gar nicht darum, die Truppen für den gemeinsamen Kampf gegen die Gesetzesbrecher zu sammeln, sondern darum, wer das Kommando in dieser Auseinandersetzung bekommt.


Andere, die sich für die Klügsten und Kräftigsten im hohen Norden halten, haben bald darauf ein “Nord Thing” abgehalten. Ihre Antwort eine (Deutschland-Resolution) an Adresse der Kampfgefährten des “Östlichen Lagerfeuers”. Das liest sich schon fast wie die Ausgrabung des Kriegsbeils. Heldenmütig zeigen die Erstunterzeichner auf der einschlägigen Webseite auch ihre prominenten Gesichter.


“Reden wir nicht um den heißen Brei herum: wer die sogenannte Erfurter Resolution unterschreibt, dem passt die Richtung der AfD nicht. Der will eine andere AfD, eine AfD der flachen Parolen und der schrillen Töne. Der will die Partei auf Provokation und Protest verengen. Der schlägt allen Parteimitgliedern ins Gesicht, die derzeit sachlich und konstruktiv an einem Parteiprogramm arbeiten, dessen thematische Breite einer Volkspartei würdig ist.
Wir lassen uns nicht Feigheit und Verrat an den Interessen unseres Landes vorwerfen. Wer solche Vorwürfe erhebt, überschreitet Grenzen und spaltet die Partei.”


Jetzt wird der Zuschauer im Kinosessel unruhig. Geht es ihm doch um den Sieg der Gerechtigkeit, dafür hat er schließlich seine Kinokarte gelöst, und  nicht um Resolutionen.


Er weiß: Die Truppen der Gegner, die keinen Unterschied machen zwischen “Östlichem Lagerfeuer” und “Nord-Thing” sammeln sich längst zur finalen Schlacht.


Er weiß auch: Die Übermacht der Gegner ist erdrückend.


Er weiß: Die “Gerechten” sind eine bunt zusammengewürfelte Truppe. Und er kann und will nicht verstehen, dass deren Strategen, statt diese Vielfalt zu nutzen, ein immer strengeres Musterungsverfahren durchsetzen (und gleich mal Leute wie Ellen Kositza oder Götz Kubitschek für nicht k.v., nicht "kriegsvervendungsfähig" erklären).


Ein echter Westernfan mag nur Filme mit happy end. Und er wird die Hoffnung nicht aufgeben, dass “Östliches Lagerfeuer” und “Nord Thing” sich alsbald an einem “heiligen” Ort treffen (sagen wir zu Füßen der EZB in Frankfurt) und nach Wegen suchen, wie sie ihre Kriegsbeile begraben können.


Die Dramaturgie des Klassikers High Noon gehört Gary Cooper und Grace Kelly! Dieser Kinoerfolg kann nicht Vorbild für die AfD sein. Wie wär's stattdessen mal mit der Parole des “Siegers von Königgrätz” Helmuth Graf von Moltke: “Getrennt marschieren - vereint schlagen!” ?

Diesen Post auch lesen bei FreieWelt.

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